In unserem letzten Blogartikel haben wir bereits die bisherigen Ereignisse und aktuellen Auswirkungen des Coronavirus auf die Logistik- und Transportbranche beschrieben. Laut Experten wird die Branche in Deutschland aktuell acht bis neun Monate brauchen, um sich wieder vollständig zu erholen. Doch bleibt alles wie zuvor?
Warehousing1 hat die Konsequenzen unter jeweils einem anderen Zeithorizont zusammengefasst und gibt Ihnen einen Ausblick, womit die Logistik-und Transportbranche in Zukunft rechnen kann.
Kurzfristige Auswirkungen
Gute Neuigkeiten zeigen sich im Juni für LKW-Transportunternehmen. Durch die ersten Lockerung der Corona-Maßnahmen, wie zum Beispiel die schrittweise Öffnung der innereuropäischen Grenzen, kann der Transportfluss im Logistiksektor zunächst wieder anlaufen. Gegenteiliges zeigt sich jedoch bei den Reedereien. Viele Transportschiffe wurden Anfang Juni vorübergehend außer Betrieb genommen; 11,3% der Containerflotten weltweit sind ungenutzt und liegen in den Häfen. Die meisten davon befinden sich in Asien – und zwar so viele wie noch nie zuvor. Auch die Besatzungen dürfen teilweise noch nicht von Bord gehen und stehen unter Quarantäne. Während die globalen Transporte auf dem Wasser also stillstehen, wird der Luftfrachtverkehr weiterhin überdurchschnittlich genutzt. Das lässt sich darauf zurückführen, dass viele Unternehmen kurzfristig auf Luftfrachtverkehr für den Weitertransport umdisponiert haben, um andauernde Lagerungskosten für erhöhte Lagerbestände zu vermeiden. Denn diese erweisen sich in der aktuellen Situation als besonders problematisch.
Die plötzliche Änderung der Verbrauchernachfrage nach bestimmten Produkten, ausgelöst durch die Coronakrise, lässt Logistikverantwortliche in Unternehmen dementsprechend mit Nachbestellungen reagieren. Da viele Lieferketten eine mangelnde Informationstransparenz sowie lange Vorlaufzeiten aufzeigen, ergibt sich als Konsequenz der Bullwhip-Effekt. Die Folge daraus: Dramatisch hohe Lagerbestände, die sich laut Experten nur langsam abbauen lassen. So verlieren Unternehmen kurzfristig Liquidität, die nun nicht mehr für weitere notwendige Investitionen zur Verfügung steht.
Mittelfristige Auswirkungen
Covid-19 hat die Lücken der Lieferketten stark beleuchtet. Es wird immer deutlicher, dass als Voraussetzung funktionierender Lieferketten ein Aspekt besonders wichtig ist: Transparenzschaffung in der Supply Chain durch Digitalisierung. Denn solange die globalen Logistiknetzwerke nicht uneingeschränkt ineinander greifen können, ist die Wirtschaft und sind vor allem die Produktionsstätten von Großunternehmen und Mittelständler nicht fähig, für einen wirtschaftlichen Aufschwung zu sorgen. Auch laut den Logistikweisen ist die Digitalisierung mittel- und langfristig ein entscheidender Erfolgsfaktor, damit Logistikdienstleister und -unternehmen nach der Coronakrise wieder durchstarten können. Zusätzliche Unterstützung erhalten Unternehmen vermehrt von innovativen Logistik-Startups, um eine Reaktivierung und/oder Neu-Optimierung ihrer Lieferketten zu ermöglichen. Welche direkten Auswirkungen sich durch Covid-19 bereits bei den Lieferketten zeigen, ist hier nachzulesen.
Zusätzlich wollen viele Unternehmen die Verlässlichkeit ihrer Zulieferer überprüfen und diversifizieren. Es wird zukünftig nur noch wenige geben, die auf eine einzige Bezugsquelle zurückgreifen. Befeuert wird das Umdenken durch den Trend zur Regionalisierung, der die globalen Lieferketten entlasten soll. Für viele Unternehmen, die von Lieferengpässen betroffen waren oder immer noch sind, darunter vor allem die europäische Pharmaindustrie, stellte zum Beispiel die Abhängigkeit nach China ein großes Problem dar. Das Zurückgreifen auf mehr regionale Logistikdienstleister würde diese Abhängigkeit auflösen und auch aus Kostensicht könnte sich dies zukünftig rentieren, da sich die Löhne in China immer mehr an die europäische Norm anpassen und die Industrie 4.0 neue Produktionsmöglichkeiten bietet.
Langfristige Auswirkungen
Sobald von einem Überwinden der Krise und wirtschaftlichem Aufschwung gesprochen werden kann, wird sich der Fokus – neben der parallel laufenden digitalen Transformation – ebenfalls wieder auf den Klimawandel und nachhaltiges Handeln richten. Denn auch die weltweiten Klimaschutzziele haben einen großen Einfluss auf die Gestaltung der Lieferketten.
Ein Aspekt, der die Nachhaltigkeit fördern soll, ist der Rückgang der globalen Supply Chains. Handelskonflikte und Zölle, wie zum Beispiel zwischen den USA und China, erschwerten den Im- und Export aus bestimmten Regionen. Bereits letztes Jahr zeichnete sich dadurch der Trend ab, auf nationale und lokale Ressourcen und Handelspartner zurückzugreifen. Regionalisierung zu fördern bringt zwei Vorteile mit sich: Zum Einen werden Lieferketten widerstandsfähiger, da die globalen Vernetzungen auf lokale Zulieferer umgeleitet werden; zum Anderen bietet es die Möglichkeit, einen klimaneutraleren Transport zu gewährleisten. Damit das für Unternehmen interessant und umsetzbar ist, muss allerdings die Kosten-Nutzen-Rechnung aufgehen. Somit bleibt der Klimaschutz ein langfristiges Ziel, das nach dem Aufbau der Wirtschaft kommen wird.
Die Hauptthemen Digitalisierung, Regionalisierung und Nachhaltigkeit waren bereits vor Corona ein wichtiger Richtungsweiser für die Zukunft der Transport- und Logistikbranche. Die Krise bietet nun die Möglichkeit, vor allem die digitale Transformation sowie die Regionalisierung beschleunigt voranzubringen. Im Fokus werden auf jeden Fall die Lieferketten und deren Optimierung stehen, um Engpässe zu vermeiden, kosteneffizient und vor allem transparent zu funktionieren. Besonders die Belastbarkeit und Flexibilität können durch digitale Innovationen ausgebaut werden. Auch Warehousing1 setzt bereits heute auf Digitalisierung, zum Beispiel durch den Einsatz einer KI-basierten Software, die aus einem Netzwerk von über 500 Lagerstandorten den idealen Dienstleister identifizieren kann, sowie durch die Nutzung eines umfangreichen Dashboards, um Datenflüsse überblicken zu können und eine vollumfängliche Systemintegrationen zu ermöglichen.